CRISPR – nur ein Tool oder die Ver­än­de­rung zum per­fek­ten Menschen?

CRISPR Veranstaltung 2022

CRISPR. Eine Metho­de der Gen­ma­ni­pu­la­ti­on, die aus der heu­ti­gen Gen­for­schung nicht mehr weg­zu­den­ken ist. Eine Metho­de, die es uns ermög­licht hat, die mRNA-Impf­stof­fe gegen COVID-19 in kür­zes­ter Zeit zu entwickeln.

von Yvonne Timm

Ihr habt wenig oder noch nie davon gehört? Dann geht es euch wie vie­len von uns auch – zumin­dest bevor wir uns mit dem The­ma näher befasst haben. Im Rah­men einer Infor­ma­ti­ons­ver­an­stal­tung für die Q1 und Q2 haben wir uns über CRISPR infor­miert und hat­ten die Mög­lich­keit mit dem Ethik­for­scher Herrn Dr. Alex­an­der Maß­mann von der Uni­ver­si­tät in Cam­bridge, dem Mole­ku­lar­me­di­zi­ner Herrn Prof. Dr. Björn Stork von dem Bio­lo­gisch-Medi­zi­ni­schem For­schungs­zen­trum an der Uni­ver­si­tät Düs­sel­dorf und dem Bio­lo­gen Herrn Dr. Peter Tess­arz vom Max-Planck Insti­tut in Köln über CRISPR, sei­ne Ver­wen­dung, Mög­lich­kei­ten und Fol­gen zu dis­ku­tie­ren. Die Wis­sen­schaft­ler wur­den per Video­kon­fe­renz in vier Klas­sen­räu­me dazu­ge­schal­tet, sodass die Ver­an­stal­tung coro­na­kon­form statt­fin­den konnte. 

CRISPR Veranstaltung 2022
CRIS­PR-Ver­an­stal­tung im Bio­lo­gie­raum | Foto: Anna Bathe

CRISPR ist eine Metho­de, die seit 2012 bekannt ist und bis dato vor­ran­gig in der Lebens­mit­tel­in­dus­trie ein­ge­setzt wur­de. Jen­ni­fer Doud­na und Emma­nu­el­le Char­pen­tier ent­deck­ten das Poten­zi­al und stell­ten fest, dass das Erb­gut mit die­ser Metho­de ver­än­dert wer­den kann. Dafür haben sie 2020 einen Nobel­preis erhal­ten. Sie haben ent­deckt, dass Bak­te­ri­en ein bestimm­tes Pro­te­in, das soge­nann­te CAS9-Pro­te­in, besit­zen. Das Beson­de­re an ihm ist, dass man es mit ver­schie­de­nen RNA-Sequen­zen ver­se­hen kann. So ist CAS9 in der Lage, die pas­sen­de DNA-Sequenz zu fin­den, sich mit ihr zu ver­bin­den und sie an einer bestimm­ten Stel­le durch­zu­schnei­den, wes­we­gen die­ses Pro­te­in auch als Gen­sche­re bezeich­net wird. Im Zusam­men­hang mit dem Coro­na-Virus wür­de das bedeu­ten, dass CAS9 zunächst ent­de­cken kann, wenn ein Virus eine Bak­te­rie infi­ziert, und die­se dann unschäd­lich machen kann. Wich­tig zu erwäh­nen ist aber, dass die RNA im CAS9 nur zu einer bestimm­ten DNA, hier also der Virus-DNA, passt und auch nur die­se DNA durchschneidet.

Da im Zuge des Durch­schnei­dens der DNA auch neue Sequen­zen hin­zu­ge­fügt wer­den kön­nen, ist CRISPR als Werk­zeug nicht nur bei dem aktu­el­len The­ma des Impf­stof­fes, son­dern uni­ver­sell in der Gen­for­schung ein­setz­bar. Es ist mög­lich, durch kleins­te Ver­än­de­run­gen in der DNA, Krank­hei­ten wie die Sichel­zel­len­an­ämie zu ver­mei­den. Jedoch ist es auch denk­bar, ande­re Merk­ma­le in den Keim­bah­nen zu ver­än­dern, sodass die nach­fol­gen­den Gene­ra­tio­nen ein ver­än­der­tes Gen­ma­te­ri­al besit­zen. Und das führt uns auch zu den Fra­gen, die die meis­ten Schü­le­rin­nen und Schü­ler in der Dis­kus­si­on beschäf­tig­ten: Inwie­weit dür­fen wir in das Erb­ma­te­ri­al des Men­schen ein­grei­fen? Kön­nen wir die Fol­gen vor­her­se­hen und mit ihnen umge­hen? Wo liegt die Gren­ze? Soll­te man Krank­hei­ten hei­len oder nicht? Optisch oder cha­rak­ter­lich ver­än­der­te „Desi­gner-Babys“ ver­bie­ten oder erlauben? 

Ist das Erb­ma­te­ri­al in den Keim­zel­len ein­mal ver­än­dert, wird es an alle nach­fol­gen­den Gene­ra­tio­nen wei­ter­ver­erbt oder kurz: Ist es ein­mal ver­än­dert, kann die­se Ver­än­de­rung nicht mehr zurück­ge­nom­men werden.

Die Wis­sen­schaft­ler waren sich einig, dass man CRISPR bei beson­ders schwer­wie­gen­den Krank­hei­ten anwen­den kann, wo genau aber die Gren­ze lie­ge, haben sie offen­ge­las­sen. Auch die Schü­le­rin­nen und Schü­ler haben dies ähn­lich gese­hen und sich im Nach­hin­ein wei­te­re Gedan­ken zu die­ser kom­ple­xen ethi­schen Fra­ge­stel­lung gemacht. 

Am Ende bleibt es abzu­war­ten, wohin die Rei­se geht. Ziem­lich sicher ist nur, dass wir in Zukunft noch sehr viel mehr über CRISPR hören wer­den. Denn aktu­ell, auch wenn CRISPR schon nicht mehr aus den For­schungs­la­bo­ren weg­zu­den­ken ist, befin­den wir uns immer noch am Anfang. Erst die Zeit wird zei­gen, ob aus dem uni­ver­sa­len Tool die Ver­än­de­rung wird, die es uns ermög­licht, die Mensch­heit nach den eige­nen Vor­stel­lun­gen zu designen.

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