CRISPR – nur ein Tool oder die Veränderung zum perfekten Menschen?
CRISPR. Eine Methode der Genmanipulation, die aus der heutigen Genforschung nicht mehr wegzudenken ist. Eine Methode, die es uns ermöglicht hat, die mRNA-Impfstoffe gegen COVID-19 in kürzester Zeit zu entwickeln.
von Yvonne Timm
Ihr habt wenig oder noch nie davon gehört? Dann geht es euch wie vielen von uns auch – zumindest bevor wir uns mit dem Thema näher befasst haben. Im Rahmen einer Informationsveranstaltung für die Q1 und Q2 haben wir uns über CRISPR informiert und hatten die Möglichkeit mit dem Ethikforscher Herrn Dr. Alexander Maßmann von der Universität in Cambridge, dem Molekularmediziner Herrn Prof. Dr. Björn Stork von dem Biologisch-Medizinischem Forschungszentrum an der Universität Düsseldorf und dem Biologen Herrn Dr. Peter Tessarz vom Max-Planck Institut in Köln über CRISPR, seine Verwendung, Möglichkeiten und Folgen zu diskutieren. Die Wissenschaftler wurden per Videokonferenz in vier Klassenräume dazugeschaltet, sodass die Veranstaltung coronakonform stattfinden konnte.
CRISPR ist eine Methode, die seit 2012 bekannt ist und bis dato vorrangig in der Lebensmittelindustrie eingesetzt wurde. Jennifer Doudna und Emmanuelle Charpentier entdeckten das Potenzial und stellten fest, dass das Erbgut mit dieser Methode verändert werden kann. Dafür haben sie 2020 einen Nobelpreis erhalten. Sie haben entdeckt, dass Bakterien ein bestimmtes Protein, das sogenannte CAS9-Protein, besitzen. Das Besondere an ihm ist, dass man es mit verschiedenen RNA-Sequenzen versehen kann. So ist CAS9 in der Lage, die passende DNA-Sequenz zu finden, sich mit ihr zu verbinden und sie an einer bestimmten Stelle durchzuschneiden, weswegen dieses Protein auch als Genschere bezeichnet wird. Im Zusammenhang mit dem Corona-Virus würde das bedeuten, dass CAS9 zunächst entdecken kann, wenn ein Virus eine Bakterie infiziert, und diese dann unschädlich machen kann. Wichtig zu erwähnen ist aber, dass die RNA im CAS9 nur zu einer bestimmten DNA, hier also der Virus-DNA, passt und auch nur diese DNA durchschneidet.
Da im Zuge des Durchschneidens der DNA auch neue Sequenzen hinzugefügt werden können, ist CRISPR als Werkzeug nicht nur bei dem aktuellen Thema des Impfstoffes, sondern universell in der Genforschung einsetzbar. Es ist möglich, durch kleinste Veränderungen in der DNA, Krankheiten wie die Sichelzellenanämie zu vermeiden. Jedoch ist es auch denkbar, andere Merkmale in den Keimbahnen zu verändern, sodass die nachfolgenden Generationen ein verändertes Genmaterial besitzen. Und das führt uns auch zu den Fragen, die die meisten Schülerinnen und Schüler in der Diskussion beschäftigten: Inwieweit dürfen wir in das Erbmaterial des Menschen eingreifen? Können wir die Folgen vorhersehen und mit ihnen umgehen? Wo liegt die Grenze? Sollte man Krankheiten heilen oder nicht? Optisch oder charakterlich veränderte „Designer-Babys“ verbieten oder erlauben?
Ist das Erbmaterial in den Keimzellen einmal verändert, wird es an alle nachfolgenden Generationen weitervererbt oder kurz: Ist es einmal verändert, kann diese Veränderung nicht mehr zurückgenommen werden.
Die Wissenschaftler waren sich einig, dass man CRISPR bei besonders schwerwiegenden Krankheiten anwenden kann, wo genau aber die Grenze liege, haben sie offengelassen. Auch die Schülerinnen und Schüler haben dies ähnlich gesehen und sich im Nachhinein weitere Gedanken zu dieser komplexen ethischen Fragestellung gemacht.
Am Ende bleibt es abzuwarten, wohin die Reise geht. Ziemlich sicher ist nur, dass wir in Zukunft noch sehr viel mehr über CRISPR hören werden. Denn aktuell, auch wenn CRISPR schon nicht mehr aus den Forschungslaboren wegzudenken ist, befinden wir uns immer noch am Anfang. Erst die Zeit wird zeigen, ob aus dem universalen Tool die Veränderung wird, die es uns ermöglicht, die Menschheit nach den eigenen Vorstellungen zu designen.